Terminservice-und Versorgungsgesetz (TSVG) seit dem 11.Mai 2019 in Kraft

Zu den Regelungen im Einzelnen:

Terminservicestellen werden bis zum 1.1.2020 zu Servicestellen für ambulante Versorgung und Notfälle weiterentwickelt:

  • Auch Terminvermittlung zu Haus- und Kinderärzten und Unterstützung bei der Suche nach dauerhaft versorgenden Haus-, Kinder- und Jugendärzten;
  • 4-Wochenfrist gilt auch für die Vermittlung termingebundener Kindervorsorgeuntersuchungen (U-Untersuchungen);
  • Über bundesweit einheitliche Notdienstnummer (116117) spätestens zum 1. Januar 2020 täglich 24 Stunden an sieben Tagen pro Woche (24/7) erreichbar;

Das Mindestsprechstundenangebot der niedergelassenen Ärzte wird verbindlich erweitert:

  • Mindestens 25 Stunden pro Woche (Hausbesuchszeiten werden angerechnet);
  • Die Kassenärztlichen Vereinigungen informieren im Internet über die Sprechstundenzeiten der Vertragsärzte;
  • Facharztgruppen der grundversorgenden und wohnortnahen Versorgung (z.B. konservativ tätige Augenärzte, Frauenärzte, HNO-Ärzte) müssen mindestens 5 Stunden pro Woche als offene Sprechstunde anbieten (ohne vorherige Terminvereinbarung); Bundesmantelvertragspartner vereinbaren bis zum 31. August 2019 Einzelheiten;
  • Die Kassenärztlichen Vereinigungen überprüfen die Einhaltung der Versorgungsaufträge einschließlich der Mindestsprechstunden künftig bundeseinheitlich.

Anmerkung RA: Die Mehrzahl der niedergelassenen Ärzte dürfte schon in der Vergangenheit erheblich mehr Sprechstunden angeboten und erheblich mehr an Arbeitszeit insgesamt für die Versorgung der Patienten aufgebracht haben, so dass die Neuregelung hier kaum zu einer Verbesserung der Versorgung der Patienten führen wird.

Extrabudgetäre Vergütung, Zuschläge, Entbudgetierung oder bessere Förderung für:

  • Erfolgreiche Vermittlung eines dringenden Facharzttermins durch einen Hausarzt (Zuschlag von mindestens 10 Euro ab dem 1. September 2019);
  • (Akut-)Leistungen für Patienten, die von der Terminservicestelle vermittelt werden (extrabudgetäre Vergütung aller Leistungen im Behandlungsfall und im Quartal sowie ab dem 1. September 2019 zusätzlich nach Wartezeit auf die Behandlung gestaffelte Zuschläge);
  • Leistungen für neue Patienten in der Praxis (extrabudgetäre Vergütung aller Leistungen im Behandlungsfall und im Quartal);
  • Leistungen, die in den offenen Sprechstundenzeiten erbracht werden (extrabudgetäre Vergütung aller Leistungen im Behandlungsfall und im Quartal);
  • Leistungen für übernommene Patienten nach Terminvermittlung durch einen Hausarzt (extrabudgetäre Vergütung aller Leistungen im Behandlungsfall und im Quartal).

Ärztliche Versorgung auf dem Land wird verbessert

  • Obligatorische regionale Zuschläge für Ärzte auf dem Land;
  • Länder können bestimmen, ob bestehende Zulassungssperren für die Niederlassung in ländlichen oder strukturschwachen Gebieten ggf. entfallen können.

Mehr Leistungen und bessere Vergütung

  • Ausschreibungen für Hilfsmittel (z.B. Inkontinenz- und Gehhilfen) werden abgeschafft. Dadurch wird sichergestellt, dass es bei der Versorgung mit Hilfsmitteln keine Abstriche bei der Qualität gibt.
  • Bei den Heilmittelerbringern werden die Preise für die Leistungen der Therapeuten zum 1. Juli 2019 bundesweit auf dem höchsten Niveau angeglichen. Die Honorarentwicklung wird von der Grundlohnsumme abgekoppelt und ermöglicht stärkere Honorarsteigerungen als bisher. Außerdem soll es bundesweit einheitliche Verträge geben, die Zugangsbedingungen der Therapeuten zur Versorgung werden verbessert und die Therapeuten können unabhängiger über die Behandlung der Patienten entscheiden (sog. „Blankoverordnung“). Entsprechende Verträge sind bis zum 15. November 2020 zu schließen.
  • Für junge Erwachsene, die an Krebs erkrankt sind, werden die Kosten für die Kryokonservierung von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Durch die Konservierung von Keimzellgewebe, Ei- und Samenzellen kann diese Patientengruppe auch nach einer Krebsbehandlung noch Kinder bekommen.
  • Arzneimittel zur Vorbeugung einer Infektion mit dem HI-Virus („Präexpositionsprophylaxe, PrEP“) werden für Menschen mit erhöhtem Ansteckungsrisiko von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.
  • Die Versorgung mit Impfstoffen wird verbessert. Die Möglichkeit für Exklusivverträge mit einzelnen Herstellern über saisonale Grippeimpfstoffe entfällt und die Apothekenvergütung für diese Impfstoffe wird neu geregelt.
  • Reine Betreuungsdienste (mit Hilfen bei der Haushaltsführung und häuslichen Betreuungsleistungen wie z.B. Gespräche führen, gedächtnisfördernde Beschäftigung, Begleitung bei Spaziergängen, etc.) werden für die Leistungserbringung von Sachleistungen in der ambulanten Pflege zugelassen. Damit verbessert sich die Pflege zu Hause, weil mehr Berufsgruppen zur Versorgung zur Verfügung stehen.
  • Die Versorgung mit Hebammen wird verbessert. Dem GKV-Spitzenverband wird die Aufgabe übertragen, Versicherten im Internet (und per App) ein Suchverzeichnis zu Kontaktdaten und dem Leistungsspektrum von Hebammen anzubieten. Ehemaligen Hebammen und Entbindungspflegern wird der Wiedereinstieg in ihren Beruf erleichtert. Krankenhäuser erhalten Unterstützung, um ihren Hebammen eine geeignete Kinder-Betreuung anzubieten.

Wichtige Änderungen für die Vertragszahnärzte 

  • Die Festzuschüsse für Zahnersatz werden ab dem 1. Oktober 2020 von 50 auf 60 Prozent der Kosten für die Regelversorgung erhöht. Dadurch werden die Versicherten, die auf eine Versorgung mit Zahnersatz angewiesen sind, finanziell entlastet.
  • Die Degression der vertragszahnärztlichen Vergütung (Vergütungsabschläge ab Erreichen bestimmter Leistungsmengen) wird aufgehoben. Die §§ 85 Absatz 4b bis 4f SGB V werden gestrichen.

Anmerkung RA: Die Abschaffung der Degression der Vergütung der Vertragszahnärzte ist eine überaus begrüßenswerte Entscheidung der Bundesregierung, da diese alte Regelung unmittelbar die Versorgung der Patienten, gerade auf dem Land, beeinträchtigte, in dem der Vertragszahnarzt, wenn er mehr Versorgungsleistungen erbrachte, dafür durch Vergütungsabschläge bestraft wurde.

Mehr Digitalisierung in der Versorgung

  • Die Krankenkassen müssen bis spätestens 2021 ihren Versicherten die sog. elektronische Patientenakte anbieten. Wer möchte, soll auch ohne den Einsatz der elektronischen Gesundheitskarte mit Smartphone oder Tablet auf medizinische Daten zugreifen können.
  • Krankenkassen wird erlaubt, in den strukturierten Behandlungsprogrammen für

chronisch Kranke (DMP) digitale Anwendungen zu nutzen.

Entscheidungen der Selbstverwaltung werden beschleunigt

  • Die Bedarfsplanungs-Richtlinie soll durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) zügig angepasst werden. Hierzu wird die Frist für die Überprüfung durch den G-BA auf den 1. Juli 2019 festgesetzt. Darüber hinaus werden die Kompetenzen des G-BA weiterentwickelt, damit die vorhandenen Versorgungsbedarfe noch besser abgebildet werden können.
  • Vereinfachte Verfahren beim G-BA zur Erprobung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden: Herstellern von Medizinprodukten wird die Möglichkeit eröffnet, die wissenschaftliche Begleitung und Auswertung einer Erprobung selbst in Auftrag zu geben. Entscheiden Sie sich dagegen oder lassen sie die vom G-BA gesetzte Frist verstreichen, vergibt der G-BA den Auftrag wie bisher nach einem Ausschreibungsverfahren.

Gründung von MVZ wird weiter eingeschränkt

  • Beschränkt wird auch der Einfluss von reinen Kapitalinvestoren auf medizinische Versorgungszentren (MVZ). So dürfen Erbringer nichtärztlicher Dialyseleistungen künftig nur fachbezogene MVZ gründen. Auch die Gründungsbefugnis für zahnmedizinische Versorgungszentren durch Krankenhäuser wird eingeschränkt.

Anmerkung RA: Ärzte, Zahnärzte und Krankenhäuser etc. sollten sich ausführlich beraten lassen, welche Möglichkeiten es für die Gründung von MVZ weiterhin gibt und wie entsprechende Verträge auch mit Investorenbeteiligung rechtssicher gestaltet werden können. 

(Die Zusammenfassung ist mit Ergänzungen und Anmerkungen des Kanzleiinhabers der Veröffentlichung des Bundesministeriums für Gesundheit zum TSVG entnommen.)

(Quelle: Informationen des Bundesministeriums für Gesundheit zum Inkrafttreten des TSVG; Anmerkungen und Erläuterungen durch RA Jahnel)